Dienstag, 29. Mai 2012

Mai Part I - ... und warum fährst du eigentlich so oft Taxi?

Die Sendung mit der Nora, heute unter anderem mit .. 
"-ein Westpaket von enormen Ausmaß
-ein Ausflug mit dem Auto nach Kachetien
-das Schulfinale des Vorlesewettbewerbs"

Ein Westpaket von enormen Ausmaß (3.Mai)
Am dritten Mai kam eine meiner Mitbewohnerinnen von einem kurzen Deutschland-Trip wieder, mit im Gepäck: Die Kosmetik- und Essensbestellungen der gesamten WG. Manche Dinge gibt es hier eben nicht: Tartex, günstige Apres-Sun-Lotion, Schwarzbrot,... Und so speziellere Dinge wie Haarsprühkuren. Oder die NEON. Eine aktuelle Süddeutsche. Milka. Kurz gesagt, gefühlt die Hälfte von Laras Koffern bestand aus Paketen von meiner Familie, die mir das komfortable Überleben für die nächsten Monate mehr als garantieren. 

Ein Ausflug mit dem Auto nach Kachetien (5.-6.Mai)
Schon seit ein paar Wochen mal angedacht und dann spontan realisiert: "Lass doch mal mit dem Auto einfach so drauf losfahren." 
Das war der Plan und wir haben ihn mehr als erfüllt. Nach einem lustigen Abend in diversen Bars und Clubs der Stadt sind wir alle fünf diszipliniert genug, am Samstagmittag gegen 12 loszufahren. Bevor es raus aus der Stadt geht, kaufen wir das Nötigste ein: Kekse, Schokolade, Wasser, Cola, den Rest gibt es überall in Georgien am Straßenrand. Anfangs fragt Gio, der am Steuer sitzt, immer mal wieder, wo wir denn jetzt wirklich hinwollen. Als die Antwort "Egal!" sich auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht ändert, akzeptiert er sie und wir fahren der Nase nach. Unsere Nasen zeigen nach Osten, Kachetien, die Weinregion Georgiens. Es ist Mai, einer der besten Reisemonate für Georgien, alles ist wahnsinnig grün, im Norden sehen wir die schneebedeckten Gipfel des großen Kaukasus, am Straßenrand Frauen, die Erdbeeren und allerlei andere Leckereien verkaufen, auf den Feldern wird geackert. Es läuft gute Musik. Und da ist er wieder, einer dieser Momente, wo ich denke, dass gerade nichts fehlt. Diese Art Moment, die ich in Georgien wunderbarerweise ziemlich oft erlebe.
Irgendwann ist uns nicht mehr ganz egal, wo wir hinfahren und wir spezifizieren: "Irgendwohin, wo es schöööön ist!" Wir fragen Georgier am Straßenrand ("Wo ists denn hier schööön?") und werden schließlich zu zwei Seen geleitet. Diese sind zwar künstlich angelegt, aber das kann man bei der Rundum-Kulisse mal gut vergessen. Kirschkern-Weitspucken, Flache-Steine-auf-dem-See-detschen, Schaukeln, ...
Beim zweiten See gibt es ein neu angelegtes Tourismusgebiet, das komisch ausgestorben wird: Noch ist es keine Saison, wann genau diese beginnen wird (2012? 2014?) ist nicht klar, schön ist es trotzdem. Aus dem Wald (wo offenbar ein Restaurant ist) hört man georgische Gesänge, man chillt in einer Riesennetzschaukel. Achja, achja. 
Wo schlafen wir eigentlich? Gucken wir mal, fragen wir mal, finden wir ein nettes kleines privates  Gästehaus (die übliche Unterkunft hier). Die Dame des Hauses tischt uns ein umfangreiches Menü auf, sogar vegetarisch, was in Georgien nicht selbstverständlich ist. Einziger Minuspunkt? Der ausgestopfte ich-glaube-es-war-ein-Luchs am Nebentisch, der nach ein paar Gläsern Bier so unangenehm untot wirkt. 
Am nächsten Tag fahren wir weiter, besuchen noch kurz ein paar weltwärts-Freiwillige (manche von uns landen im Dreck), beklettern ein Kloster und überfressen uns schließlich mal wieder am superleckeren georgischen Essen. 
Satt und müde komme ich zu spät zu einem skype-Termin nach Hause und denke mir, dass das Real Life doch irgendwie leckerer ist als das andere. 

Das Schulfinale des Vorlesewettbewerbs
Nää, ich reise gar nicht immer! Ich arbeite auch! Sehr viel sogar! Manchmal!
Nee, im Ernst, unter der Woche arbeite ich natürlich. Im Mai gab es da so das ein oder andere spezielle Projekt, und anderem eben den Vorlesewettbewerb für die 5. und 6.Klassen. An diesem Wettbewerb können Schüler aus ganz Georgien teilnehmen und meine Aufgabe ist es, die beiden besten Schüler unserer Schule ausfindig zu machen. Bewaffnet mit diversen Zungenbrechern und kleinen Geschichten mit großer Schrift über Elfen und Fußballer (hallo, Gender-Klischee!) mache ich mich zwei Wochen lang auf den Weg in alle fünften und sechsten Klassen der Schule - acht an der Zahl. 
Ich bin ja immer wieder begeistert über die süßen, putzigen Kinderchen, aber gerade die 5. und 6.Klässler sind super: Klein genug, um süß und begeistert zu sein, groß genug, dass ich mich mit ihnen verständigen kann. So tauschen wir Zungenbrecher aus (und offenbar ist es wahnsinnig witzig, wenn ich mich an den georgischen versuche) und lesen, bis ich aus jeder Klasse die zwei besten herausgesucht habe.
Diese Kinder bereiten sich dann zu Hause auf das Schulfinale vor, das ich zusammen mit ein paar Mädels aus der 10. organisiere: Jeder liest einen kurzen Text vor, den er vorher vorbereitet hat. Danach lesen die besten noch ein Stück aus "Die kleine Hexe" vor und relativ schnell stehen die Sieger für die beiden Jahrgänge fest. 
Beim Nationalfinale hat es leider nur für den 3. Platz gereicht, aber immerhin.

"...und warum fährst du eigentlich so oft Taxi?"
...fragte mich neulich ein Freund. Die Antwort hat zwei Aspekte, wovon der eine mit "billig", der andere mit "faul" zusammengefasst werden kann. Für meinen Schulweg (mit Fuß und Bus etwa 35min) brauche ich mit dem Taxi 10-20 Minuten (je nach Verkehrslage) und zahle umgerechnet etwa 1,50Euro. Das ist billig. Außerdem bin ich ja eher der verschlafene Typ, tendentiell faul und naja, es ist einfach bequem: Um ein Taxi zu nehmen, gehe ich aus der Haustür und winke dem nächsten Auto, das vorbeifährt, zu. Etwa 2/3 der Autos hier sind nämlich - inoffizielle - Taxen. 

Vaaaime, Holla die Waldfee, Auaaa!

Die normale Begrüßungsformel in Georgien lautet "Gamardshoba". Im Deutschlehrerzimmer lautet sie "Guten Morgen!". 
Heute hieß sie "vaime", was sich als eine Mischung aus "Alter Schwede", "Holla die Waldfee" und "Ach du scheiße" übersetzen lässt. 


Darauf folgte - auf georgisch oder deutsch - die Frage: "Wo warst du denn? Was hast du getan?"


Ähm, ähäm. Verlegenes Grinsen meinerseits. "War in Kutaisi, bisschen viel Sonne, ähäm, hab mich so ein bisschen verbrannt...." Gemurmel in nicht vorhanden Bart folgt. 

Ehrlicher wäre: "War in Kutaisi und Batumi, viel zu viel Sonne, schlimmster Sonnenbrand seit langem."

Naja, so schmiere ich jetzt seit zwei Tagen Jogurt, Aloe Vera und Nivea Creme (darauf konnten sich die meisten google-Ergebnisse einigen) auf Gesicht, Bauch und Beine und hoffe, dass es besser wird.

Egal, ich dachte, ich arbeite mal wieder meine "Darüber würde ich gern schreiben"- Liste ab, hab ja schon wieder länger nichts geschrieben, dabei ist ziemlich viel passiert:
-ein Westpaket von enormen Ausmaß
-ein Ausflug mit dem Auto nach Kachetien
-das Schulfinale des Vorlesewettbewerbs
-ganz viel Training für den Debattier-Wettbewerb
-der Tag des Sieges
-ein minikleiner Türkeiurlaub
-eine riesengroße und übervolle Deutsche Woche
-Couchsurfer
-die Rückkehr der ersten Austauschschülerin
-ein Schulausflug nach Kachetien
-ein Besuch bei einer anderen Schule
-das Farbfestival
-ein Ausflug ans Schwarze Meer...

Außerdem wollte ich mal endlich ein paar Fragen beantworten und deswegen gibts jetzt wieder eine Flut an Posts, viel Spaß dabei;)
-

Montag, 7. Mai 2012

Käsespätzle im Kaukasus oder Kein ruhiges Wochenende

Sondern.
Freitag: Konzert
Samstag: Konzert, Losfahren
Sonntag: Ankommen und Heimfahren
DasistsoinGeorgien

Bitteschön, ein Elfchen. Und ja, "DasistsoinGeorgien" ist ein Wort, das ist dichterische Freiheit!

Kommen wir zu den Details!

Am Freitag waren wir (unsere WG, Micha, der Couchsurfer, ein paar andere Leute von hier) bei einem Auftritt von Suchischwili: Wieder klassischer Fall von "Kann ich nicht beschreiben." Es fängt an mit eher lateinamerikanischen Tänzen, das ist gut, aber nichts besonderes. Dann kommen die georgischen Tänze und die sind sehr gut und besonders. Schöne Einstimmung auf ein Wochenende auf jeden Fall und auch etwas, was man gesehen haben sollte, wenn man ein Jahr in Georgien gelebt hat.

Am Samstag gibt es dann ein amerikanisches Konzert: Chris, ein Freund von uns, und einige andere amerikanische Freiwillige (Englisch-Lehrer) spielen einen Nachmittag lang im Park direkt bei uns um die Ecke Gitarre, Akkordeon, Banjo und Ukulele, singen dazu und verbreiten eine ganz wunderschöne Stimmung, zu der man sich perfekt sonnen und dabei Neger-Tarot oder anderes spielen kann. Nebenbei kann man planen, was man denn spannendes mit einem ausgebauten Pick-Up, der einem Couchsurfer gehört, anstellen kann. Ja, ausgebauter Pick-Up, so VW-Bus-Style. Ja, so ein Ding, was auf jeder, wirklich jeder "Lebens-To-Do-Liste" auftaucht. Und jetzt eben auch vor unserer Wohnung. Micha, der Couchsurfer, wohnt darin momentan am Kaspischen Meer in Aserbaidschan, wo er beruflich Vögel beobachtet.
Also, was kann man da machen? Naja, in den Norden Richtung Russland fahren zum Beispiel!

Als das Konzert zu Ende ist, planen wir also in einem Café noch ein bisschen weiter und dann packen Valerie (meine österreichische Mitbewohnerin), Micha und ich das Nötigste (warme Klamotten, Zahnbürste, Wein, Schokolade) ein und fahren los. Und nach etwa einer Stunde (ich liege während der ganzen Fahrt hinten auf Bergen von Schlafsäcken mit Panorama-Fenster nach hinten raus) müssen wir zugeben, dass wir uns verfahren haben. Schade. Fragen wir mal nach. Kriegen wir von einem netten Georgier eine Flasche selbstgemachten Wein geschenkt und den Weg gezeigt. Danke, nehmen wir doch beides glatt an.

Noch eine Stunde später: Es ist dunkel, wir haben Hunger und noch nicht mal die Hälfte der Strecke. Aber hey, ich kenne da doch ein gutes Restaurant in Ananuri! Essen wir doch da. Gesagt, versucht, fast gescheitert. Warum? Naja, das Restaurant ist so gut, dass dort manchmal Hochzeiten stattfinden. Heute zum Beispiel. Ist ja schön für die Brautleute, aber doof für uns, wenn es deswegen keinen freien Tisch gibt. Statt einen auf Maria und Josef zu machen (Restauranttüren, an die wir klopfen könnten, gibts im Umkreis von 40km eh nicht) betteln wir ein bisschen auf Georgisch (ich), Russisch (Micha) und Georgischrussisch (Valerie). Unsere vereinten Sprachkenntnisse erwärmen das Herz des Kellners (oder wie auch immer), jedenfalls gibt es da doch noch einen kleinen Stall Raum auf dem Dachboden, da könnten wir eventuell.... Allet klar, nehmen wir.
Hungrig bestellen wir erstmal alles, was geht. Oder auch nicht geht, wie der Kellner uns zwei Minuten später erzählt. Kochen kann man leider nichts mehr, wegen der Hochzeiten, ob es eveeentuell möglich wäre, dass wir einfach die Reste essen? Die Reste von einer georgischen Hochzeitstafel? Ja, ich glaube, dazu könnten wir uns eveeeentuell herablassen. Und so gibt es verschiedensten Fisch, Hühnchen, Salat, Brot, Kaviar, unterschiedliche Limonaden, Bier, Wein... alles etwas kalt, aber dafür gratis. Ja geil, danke!
Dazu gibt es die georgische Version von Hochzeitsmusik. Techno-Remixes von wunderschönen Liedern, wie zum Beispiel Last Christmas oder Rivers of Babylon, gekrönt von einem Lied, das dem Bräutigam aus dem Herzen zu sprechen scheint: "I wanna fuck you now!" (In Georgien ist "Kein Sex vor der Ehe" noch viel aktueller als in deutschen Gefilden). Na, da drehen wir doch mal auf und freuen uns.

Irgendwann ist es dann nach Mitternacht und wir die letzten Gäste, na, das ging ja schnell. Dann fahren wir wohl noch ein bisschen weiter, um einen schönen Schlafplatz zu finden. Ist auch gar kein Problem, wir meiden einfach alle Plätze, wo schon andere Autos stehen und werden schnell fündig. Zu dritt wirds hinten kuschelig, aber so friert auch keiner.
Am nächsten Morgen können wir beim Zähneputzen grandiose Aussichten genießen, uns in einem Gebirgsbach waschen (okay, das klingt romantischer als es ist, es ist schlichtweg arschkalt) und dann schnell weiterfahren, um unser Ziel - Kasbegi - zu erreichen. In dem Ort, der am Fuße eines 5000er-Gletschers liegt, kaufen wir erstmal nur schnell Brot und fahren dann weiter Richtung Norden: Nur noch 15km liegen zwischen uns und Russland! Noch vor der Grenze finden wir zufällig den perfekten Frühstücksort: Wir blicken über ein riesiges Tal, vertreiben ein paar Kühe und machen uns dann das ultimative Bergfrühstück - in den Untiefen seines Autos hat Micha nicht nur Cappucchinopulver, sondern auch Tütensuppen en Masse, zum Beispiel Käsespätzle. Sowas hab ich seit über sechs Monaten nicht mehr gegessen! Wir kochen unsere Würstchen gleich mit und essen dann glücklich, bevor es weiter nach Russland geht.

Die Grenzerfahrung ist erwartungsgemäß kurz: Passieren dürfen wir ja eh nicht (das darf keiner), also machen wir ein paar Beweisfotos und fahren dann zurück nach Khasbegi. Dort war ich Anfang Oktober schonmal mit Lisa, diesmal ist das Wetter jedoch viel besser, deswegen wandern wir bis oben zu einer Kirche, wo wir uns mit Schokolade belohnen, wieder mal ein paar Bilderchen machen und dann langsam wieder nach unten laufen. Währenddessen macht Micha mich und Valerie immer wieder begeistert auf seltene Vögel aufmerksam (unsere Begeisterung ist eher gebremst, aber Vogelbeobachterwitze sind lustig), Valerie macht Micha und mich immer wieder auf die Eigenheiten Österreichs und die Arroganz Deutschlands aufmerksam (sie hat recht, aber Österreicherwitze sind trotzdem lustig), ich mache Valerie und Micha immer wieder auf den Altersunterschied, ich bin mit 20 mit großem Abstand die Jüngste, aufmerksam (DuBistEinKleinesBabyWitze sind scheinbar auch lustig). Bei so viel Aufmerksamkeit vergeht die Zeit sehr schnell und lustig und schon sind wir wieder unten, kaufen ein bisschen Essen ein und machen uns auf den Rückweg.

Hups, schon wieder ein Wochenende rum, wie konnte das denn geschehen.


Von West nach Ost - Besuch Nummer Zwei (mit vielen Fotos!)

War ich Anfang April mit meiner Schwester im Westen Georgiens und in unserem westliche Nachbarland, ging es die Woche drauf mit meiner Mutter und meiner Mitbewohnerin Hannah in den Osten Georgiens und in unser östliches Nachbarland. Das ist jetzt auch schon wieder eine Weile her, deswegen gibts nichts chronologisches, sondern nur ein paar Erinnerungen.

Dienstagabend, der erste Abend mit Mama: Wir gehen essen. Aber nicht Chatschapuri, Chinkali, Mzwadi, K'idris-P'omedori-Salati und wie die ganzen (für euch unaussprechbaren) georgischen Leckereien heißen. Nein, nach etwa zwei Wochen Besuch (erst Adriana und dann Solli) kann ich vorerst kein georgisches Essen mehr sehen. Vielmehr will ich schon seit längerem mal wieder im "Cafe Gallery", wo wir so manche Nacht/frühen Morgen bei guter Elektro-Musik verbringen, essen gehen. Und weil Mama natürlich keine Einwände hat, wird das auch gemacht. So gibt es immerhin "östliches" Essen: Pelmeni und Borsch. Mjammi.
Doch der wirklich kulinarische Höhepunkt des Abends ergießt sich mir zu Füßen, als Mama ihre Reisetasche öffnet: Nutella! Gouda! Kaffee! Milka! Schokoostereier! Osterschokolade!
Dazu kommen noch tolle/nützliche Dinge wie Wanderschuhe, Bücher, Zeitschriften, Briefe... Gefühlt die Hälfte ihres Gepäcks wandert in meinen Magen oder in meinen Besitz! Juhu!
Mit solchen Gedanken im Hinterkopf (und solchem Essen im Bauch) geht der nächste Schultag auch schnell rum und die Osterferien (6 Tage) beginnen.

Von Donnerstag bis Montag habe ich jetzt also Zeit, selbst noch ein bisschen weiter in Georgien rumzureisen und Mama die schönsten Orte zu zeigen. Der Klassiker: Tagesausflug nach Mzcheta, der alten Hauptstadt Georgiens. Ich muss sagen, dass ich der Stadt auch bei meinem zweiten Besuch nicht allzu viel abgewinnen kann. Schön gelegen, ja, aber eher langweilig und da ich mich auch nicht so für georgische Kirchen begeistern kann, ist auch die riesige dortige Kirche für mich nicht überwältigend. Aber das Gute ist: In Mzcheta ist man schnell und so ist die Fahrt dorthin eine gute Einstimmung auf folgende Marschrutka-Fahrten. Am Abend gehen wir dann noch in die Oper: Die deutsche Botschaft feiert das 20jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zu Georgien, und weil wir Freunde bei der GIZ haben, feiern wir kostenlos mit.

Abends werden dann noch die Rucksäcke für den nächsten Tag gepackt: Gen Osten, Kachetien, das georgische Weingebiet, soll es gehen. Vorerst geht es jedoch nur zwei Straßen weiter, sehr ungeorgisch ins "Downtown", wo man gut frühstücken gehen kann. Und danach geht es wirklich los. Das erste Ziel ist "Tsinandali", ein Ort, den mir eine Kollegin empfohlen hat, weil es dort einen sehr schönen, für Georgien eher untypischen Park gibt. Der Marschrutkafahrer lässt und also dort raus, der Park ist schnell gefunden und sieht auch sehr schön aus - von außen. Als wir nämlich versuchen, hineinzugehen, brechen die (wie immer überrepräsentierten und gelangweilten) Security-Leute in gelangweilte "Ara, no, no!"-Rufe aus. Ja wie, nein? Doch! Warum denn nicht? Obwohl ich diese Fragen auf Georgisch stelle, kriege ich keine vernünftige Antwort. Wir dürfen heute jedenfalls nicht in den Park, andere scheinbar schon, aber wir nicht. Na danke. Super. Wir versuchen es hinterrücks, sind aber erfolglos und beschließen darum, erstmal weiter zu fahren.

Ziemlich schnell kriegen wir eine Marschrutka in den nächsten größeren Ort: Telawi. Dort besichtigen wir den Basar, decken uns mit leckerem Essen ein und erhandeln uns danach das abgefuckteste Taxi von allen: Einen alten, blauen Lada. Der fährt uns in ca 20 Minuten nach Gremi, wo es eine Art Burg mit einer sehr schönen Kirche am Fuße des Großen Kaukasus gibt. Und da gibt es erstmal leckeres Picknick mit Obst, Gemüse und vor allem Paska: Dem georgischen Osterkuchen. Paska, die erste georgische Vokabel, die ich von meiner Mutter gelernt habe. Die hat sie wiederum von Gwanza, die gerade für drei Monate bei meiner Familie wohnt. Paska ist ein runder, hoher Kuchen, der hier etwa zwei Wochen lang an allen Ecken verkauft wurde und ziemlich lecker ist.
Die Besichtigung des Museums, das zur Kirche gehört, müssen wir wegen Ostern (ergo Feiertag) leider ausfallen lassen. Die Freunde von mir, die ein paar km entfernt arbeiten, erreichen wir per Handy nicht, kurz: Wir sind bereit zur Weiterreise und es wird auch schon Abend und wir brauchen noch eine Unterkunft.

Weil wir mitten auf dem Land natürlich kein Taxi kriegen, machen wir es wie (für mich) mittlerweile gewohnt: Haargummi raus, Daumen raus. Schon kurz darauf hält ein kleiner Pick-Up an und nimmt uns mit: Hannah und ich komfortabel im hinteren Teil auf Bläschenfolie, Mama vorne, alle zufrieden. Der Fahrer will's uns deutschen Frauen beweisen und schafft dieselbe Strecke in 5 Minuten zurück. 15 Minuten Unterschied, Respekt! Trotzdem sind wir alle ein bisschen froh, es überlebt zu haben.

In Telawi angekommen beschließen wir, die letzte Marschrutka nach Signagi, einer Stadt weiter im Süden, zu nehmen. Dieser Beschluss ist zwar schön und gut und praktisch und auch billig, aber leider unmöglich. Mit den letzten Marschrutkas hab ich es ja nicht so (man erinnere sich an Ananuri), auch diesmal sind wir zu spät und stellen uns der Aufgabe, ein Taxi zu einem vernünftigen Preis zu finden. Jetzt haben wir aber alle drei keine Ahnung, was ein vernünftiger Preis ist und das Thema "Ausländerpreise" ist ja durchaus diskussionswert... Als gefühlt ganz Telawi um uns drei versammelt ist und uns Preise von 25 bis 100 Lari zuruft, geben wir auf und nehmen einfach den nächstbesten für 25 Lari.
In Signagi angekommen (etwa eine Stunde Fahrt) erfragen wir den Weg zu einem Gästehaus, das uns Adriana empfohlen hatte und verbringen dort einen lustigen Abend bei georgischem Wein, hausgemachtem Essen und mit der Gesellschaft der wirklich netten Familie und anderen Gästen aus Hongkong.

Für den nächsten Tag planen wir mit dem Gästhausbesitzer einen Trip nach Dawid Garedji, einem Höhlenkloster, das in einer Wüste an der Grenze zu Aserbaidschan liegt.
Das ist jetzt wirklich schwer zu beschreibe, die Landschaft ist einfach etwas, was ich noch nie gesehen habe und sehr beeindruckend fand. Außer uns waren Scharen von deutschen Rentnern dort unterwegs, die auch allesamt sehr begeistert waren.

Wie gesagt, Dawid Garedji liegt direkt an der Grenze zu Aserbaidschan. Aserbaidschan, ein muslimisches Land, für das man ein Visum braucht, was etwa 60Euro kostet. Selbstverständlich reizt mich das! 
Ein paar Grenzsoldaten, die Deutsch sprachen, warnen uns zwar und wir geben die Warnung ("Hinter dieser Kirche ist die Grenze, Achtung!") auch an die anderen deutschen Touristen weiter. Einer von ihnen - so ein älterer Mann, der weise und weitgereist und erfahren und all so was aussieht - erzählt uns, dass es dort eventuell auch Minen gibt. Na wunderbar.

Aber hey, wir probieren das trotzdem mal.
So machen wir uns auf den Weg zu einer 2stündigen Wanderung in der Umgebung des Klosters. Und da ist sie, plötzlich, die Grenze. Ein Zaun. Ein sehr, sehr niedriger Zaun. Und vielleicht Minen? Vorsichtshalber überqueren wir die Grenze nicht, sondern laufen weiter an ihr entlang. Bis der Pfad uns direkt über die Grenze führt. Und wir bestimmt fünf Minuten davor stehen, uns in unserer Hysterie gegenseitig hochschaukeln und Angst vor diesen blöden Minen haben. Bis Hannah den Kopf schüttelt und todesmutig drüber steigt. Ein Schritt, der zwischen Leben und Tod entscheidet. Ein Schritt, der sich sehr eindeutig für Leben entscheidet. Ein Schritt, dem ich nachfolge. Och nee, jetzt werde ich für immer der Feigling sein, der als zweites ging!!

Aserbaidschan fühlt sich gut an. Illegal in einem Land, uuuh! Aufregend. Heiß. Durstig. Landschaftlich sehr anders als alles bisher gesehene, irgendwie sehr weit.
Ein paar Minuten später treffen wir auf den Mönch Giorgi, der uns ein paar sehr schöne uralte Höhlen zeigt und uns auch beim Rückweg helfen will. Er scheint den Weg zu kennen und wir sind auch schon fast wieder beim Kloster angekommen, als er plötzlich anhält und wir den Weg wieder ein gutes Stück zurück (ergo bergauf) gehen müssen. Uppsala, fast hätte er uns aus Versehen genau ins Kloster geführt. In ein ortodoxes Männerkloster, wo wir als unorthodoxe Frauen nun wirklich nichts verloren haben. Na das wäre ja lustig gewesen.
Schade drum, aber so verbleiben wir legal und kommen irgendwann auch wieder unten an, ohne dass wir von Schlangen, Mönchen oder Aserbaidschanischen Minen getötet wurden. Yes!

Am nächsten Tag gucken wir uns noch ein bisschen die Stadt an - ich persönlich mag die nicht so gerne, wobei die Lage wirklich genial ist. Nachmittags nehmen wir dann die Marschrutka nach Hause. Abends gibt es dort noch ein bisschen Hauptstadt-Sightseeing im armenischen Teil der Stadt, den ich selbst auch kaum kenne. Mit einer Kugel Eis aus dem besten Eisladen der Stadt endet der Tag.

Und schon ist wieder Montag, Mamas letzter Tag in Georgien und es gibt doch noch so viel zu sehen! Einer meiner Lieblingsorte in Tbilisi ist die Festung und der Botanische Garten und genau da werden wir picknicken gehen, so der Plan. Jetzt ist der botanische Garten zwar wegen Ostern geschlossen (na das kennen wir doch irgendwo her...), aber die Festung glücklichweise nicht und so gibt es noch einmal Ostereier, georgisches Brot und so weiter. Bis es Mittag ist und wir uns schon wieder beeilen müssen: Mama (und eigentlich auch ich, wie wir aber erst zu spät erfahren) ist nämlich von Gwanzas (Austauschschülerin) Familie eingeladen: Ihr steht ein typisch georgisches Familenfest bevor, der beste Abschluss, den man sich für einen Georgienurlaub vorstellen kann!

Und so vergeht die Zeit gewohnt schnell. Am Abend ist noch Zeit für ein Bier auf der Touristen-Meile und schon sitzt Mama wieder im Flugzeug (wenn auch dank der ständigen Verspätung von Turkish Airlines später als gedacht) und hier geht wieder ein bisschen der Alltag weiter. Zumindest für die nächsten Tage, bis wieder Wochenende und damit Ausflugszeit ist.

Was ich durch die drei Besuche (von Adriana, unserer kulturweit-Kollegin und Freundin aus Weißrussland, Solli, meiner Schwester, und Mama) gelernt habe: Ich selbst bin schon ziemlich drin in Georgien und ich staune gar nicht mehr so viel. Die Unterschiede zu Deutschland sind oft sehr klein, gerade die äußerlichen, sodass ich selbst sie nicht mehr bemerke. Mein "wir" meint nicht mehr die Deutschen. Zwar auch nicht die Georgier, aber immerhin doch all die Menschen, die in Georgien wohnen. Marschrutka ist Alltag, die schöne Landschaft ist Alltag, die Währung, die Sprache, die Entspanntheit, die Verkehr, die schrottigen Taxis. All so was.
Und das ist auch der Grund, warum es endlich mal wieder viele Fotos gibt: Mama und Hannah sehen das ganze hier noch viel touristischer und merken, wann man klicken sollte.

Das schrottigste Taxi - Innenansicht

An der Tankstelle: Der Lada fährt mit Gas, deswegen müssen beim Tanken immer alle Insassen aussteigen.

Beim Trampen in einem Pick-Up, hinten sieht man die bequeme Bläschenfolie


Ein typisch georgischer Innenhof in unserem Stadtviertel

Gedenkkränze am Parlament zum Tag der Wiedererlangung der Unabhängigkeit

Unser Balkon - Urlaubsfeeling inklusive!

Ich in Mzcheta, der alten Hauptstadt (sieht aus wie ne deutsche Straßenecke, weil sie so viel Geld zur Restauration reingesteckt haben!)

Unser Hof (aber nicht unsere Wäsche;))

Hannah, Mama und ich vor der Marschrutkafahrt

Ein typisch georgischer Basar in Telawi

Aussicht von unserem Picknickplatz in Gremi

Noch mal Aussicht, hinten der Große Kaukasus

Mama und ich bei der Kirche von Gremi

Sicht auf Sighnaghi, hinten die Berge. Ein wenig gerechtfertigt ist es, dass die meisten Georgier Signagi als die schönste Stadt in Georgien bezeichnen.

Wüste im Südosten

Höhlenkloster Dawid Garedji (da oben wohnen wirklich Mönche!)

Kloster nochmal von weitem


Erster Blick auf die aserbaidschanische Grenze
Unsere Schatten sind schon drüben, wir zittern noch

Überlebt, illegal "eingewandert"!

Ein alltägliches Bild für mich, gesichtet in Signagi

Eine der Sehenswürdigkeiten Tbilisi's: Die Dreifaltigkeitskirche, erst 2004 gebaut!

Beim Essen gehen bei einem (georgischen) "Mexikaner"

Nochmal;)

Im Bäderviertel von Tbilisi, das gerade renoviert wird

Ein "Glücksbaum", in den man Taschentücher (oder im "Notfall" auch Plastiktüten) knotet

"Du reist ja irgendwie immer!?"

Um dieser leicht vorwurfsvollen Frage mal zuvor zu kommen:
"Nee, gaaaar nicht!"

Ja, okay, in meinem Kopf formatieren sich gerade die ersten Sätze für die (Reise-)Berichte der letzten zwei Wochenenden, die ich gleich schreiben werde. Aber trotzdem, Wochenenden. Nicht immer, nur 2-3 Tage pro Woche!

Dazwischen arbeite ich und zwar momentan sehr, sehr gerne. Das ist ziemlich super, weil ich ja auch gerne verreise und wenn man das, was man an den sieben Tagen, die eine Woche so durchschnittlich hat, macht, alles sehr gerne macht, dann ist das doch sehr optimal, oder? Ja!

Warum ich gerade so gerne arbeite, obwohl ich doch ganz bestimmt nie Lehrerin sein werde? Weil ich gerade neben normalem Unterricht auch an zwei/drei Projekten arbeite. Das eine ist ein Vorlesewettbewerb für die 5./6.Klasse, das andere ein Debattierwettbewerb für die 10.Klasse.
Bei beidem bin ich innerhalb unserer Schule Hauptverantwortliche und dass mir Projektarbeit liegt, habe ich ja schon öfter festgestellt.

So lese ich momentan in vielen Schulstunden mit den kleinen, putzigen Kinderchen "Die kleine Hexe", bastel Urkunden und plane das Schulfinale (das wegen Erdbeben auf morgen verschoben wurde) und diskutiere in anderen Stunden mit vier Mädels aus der 10. über Themen wie Schuluniformen, Süßigkeitenverbot und alles mögliche andere. Dabei essen wir (also die 10er und ich) Milka-Schokolade und quatschen ab und an (haha) auch mal über andere Dinge, es ist also alles sehr entspannt.

Und damit ich mich nicht zu sehr entspanne, mache ich eben an den Wochenenden spannende Ausflüge! So!

Wenn in unserem Kühlschrank Gouda liegt... (Anfang April)

...ist Besuch aus Deutschland da.

Hier kommt er endlich, ein kleiner Bericht über Sollis Besuch hier in Georgien. Der ist jetzt doch schon wieder einen Monat her (die Zeit, Alter, die Zeit) und deswegen ist es gar nicht so einfach, darüber zu schreiben.
Dienstag, 3.April, abends: Ich gehe Geld abheben und will dann gegen halb 11 den letzten Bus zum Flughafen nehmen - 99% aller Flüge kommen hier mitten in der Nacht an und eigentlich will ich nicht mit dem Taxi fahren. Naja, mein Wille geschieht nicht. Schade. Bus verpasst. Dann halt Taxi. Dem Taxifahrer erzähle ich wie immer meine Lebensgeschichte, zum aktuellen Kapitel (Ich arbeite hier etc.) füge ich "Meine Schwester kommt heute" hinzu und buch den Fahrer auch gleich für die Rückfahrt. Irgendwann, kurz bevor wir die Stadt verlassen, hält der Fahrer an, geht zu einem Kiosk und kommt mit Zigaretten für sich und einem Snickers für mich zurück. Äh, okay, danke, whatever.
Am Flughafen sitze ich dann noch ein bisschen rum und stehe pünktlich zur Ankunft mit meinem "Sockwurst!"-Schild zum Abholen bereit. Läuft auch alles gut, dann erstmal nach Hause, Tasche abstellen und gleich weiter, Zahnbürste kaufen.
Am nächsten Tag muss ich arbeiten, treffe Solli (und Adriana) also erst mittags. Jetzt wird erst mal georgisches Essen probiert: Chatschapuri auf die Hand und zum Abkühlen ein bisschen durch die Sprenkleranlagen im Vorgarten der Polizei spazieren.
Okay, ich kriege die Tage wirklich kaum noch zusammen. Am Mittwoch und Donnerstag gibt es jedenfalls das Tbilisi-Touriprogramm: Altstadt, richtig fettes georgisches Essen, die riesige Kirche (nicht für mich, ich hatte Sprachkurs, deswegen übernehmen zwei georgische Freundinnen von mir die Führung). Donnerstagabend geht es für mich und Solli los zu einer anderen Touristenattraktion. Der Nachtzug nach Batumi. Bis dato hatte ich noch keinen georgischen Zug betreten, in Batumi war ich nur einmal kurz als Tramp-Zwischenstation gewesen, vollkommenes Neuland.
In georgischen Nachtzügen gibt es drei Klassen, wobei die dritte ein Schlaf-Großraum-Abteil, die zweite ein Vierer-Schlafwagen und die erste mir vollkommen unbekannt ist. Bei der Hinfahrt kriegen wir nur noch Tickets für die zweite Klasse (statt der dritten) und verbringen die Nacht mit einem georgischen Opa und seinem Sohn. Es gibt angenehmere Gerüche als die, die entstehen, wenn vier Leute bei warmen Temperaturen auf vier m² schlafen. Aber es geht ja nicht um angenehme Gerüche sondern um Abenteuer, um echtes Georgien, darum, später etwas erzählen zu können.
Morgens um 7 dann Ankunft in Batumi (bzw am Bahnhof 5km entfernt von Batumi), bestes Wetter, eine Millionen Taxifahrer und ich, die uns eine billige Alternative zum Ausländerpreis der Taxifahrer organisiert: Marschrutka. In Batumi dann die verzweifelte Suche nach einem Kaffee (remember, der Tag beginnt in Georgien erst gegen 10) - letztendlich erfolgreich. Die entspannte Suche nach einem Guesthouse - natürlich auch wie immer erfolgreich. Die fröhliche Suche nach dem Strand - gar kein Problem.
Es folgen Stunden, in deren Beschreibung die Wörter "Muscheln, Meer, gute Aussicht, Entspannung, Sonne,..." eine zentrale Bedeutung einnehmen würden. Aber genau solche Stunden muss man ja nicht beschreiben, weil schon jetzt alle Leser neidisch sein müssten;)
Abends beim Sonnenuntergang springen munter Delfine vor unseren Augen umher (okay, es war nur einer...). Ziemlich cool, so ein Miniurlaub am Meer!
Der nächste Tag wird ähnlich, wir machen noch ein bisschen Sightseeing und erinnern uns dann daran, dass die Türkei ja nur einen Steinwurf (von einem geübteren Werfer als ich es bin zumindest) entfernt liegt. Wenn man sowieso die ganze Zeit türkischen Kaffee trinkt, dann könnte man doch auch...
Gedacht, ausgesprochen, getan. Marschrutka nach Sarpi (Grenzstadt) ist schnell gefunden, die Fahrt allein schon superschön (Vorfreude+Straße direkt am Meer=höchste Euphorie), jetzt gibt es da nur noch dieses kleine, bürokratische Problem: Ich habe meinen Reisepass nicht dabei. Und ohne kommt man eigentlich nicht über die Grenze. Uneigentlich sind die Grenzbeamten aber alle sehr, sehr nett und es klappt.
Und schwupps, schon sind wir drüben. Wo es ganz anders aussieht, wo der Strand viel schöner ist, wo es wahnsinnig viel zu sehen gibt. [ironie off]
Wo es eine Moschee gibt, vor der wir Kopftuch-Poser-Fotos machen. Wo der Strand genauso schön ist wie in Georgien. Wo es eine türkische Flagge gibt (wiederum Poser-Fotos). Wo wir einen Döner essen, weil wir's können. Wo wir etwa 2 Stunden sind.
Minizeitsprung, wieder in Batumi. Ein letztes Mal am Strand entlang, noch ein Postkartensonnenuntergang. Ein letztes Mal auf den absurden Trainingsgeräten am Strand lächerlich machen vor allen anderen. Und dann noch schnell essen gehen in einem Restaurant, das sehr teuer aussieht (so einem Schiff nach empfunden), aber eigentlich sehr anständige Preise hat. Und verdammt lecker ist. Wirklich, wirklich, wirklich.
Hach, war das gut.
Und schon rennen wir ins Hotel, schon rennen wir zur Marschrutka, schon sitzen wir im Großraumschlafabteil. Schon stammel ich auf Georgisch vor mich hin und erkläre, wer wir sind und was wir tun. Schon schnarcht die Frau unter mir ganz fürchterlich, starrt mich der Typ schräg gegenüber neugierig an, wird der Sauerstoffgehalt immer niedriger, freuen wir uns ein bisschen auf das Ende der Fahrt.
Und in Tbilisi rast die Zeit dann so unglaublich, dass es schon wieder Abend ist und ich Solli ins Taxi setze und der Kurzbesuch auch schon wieder rum ist. Huch, die Zeit.
Zurück bleiben: Fotos, Gouda, Kaffee, deutsche Zeitschriften, Schminkzeug, Bücher,...
Und diese Fotos gibts jetzt auch tatsächlich mal:
Küste des Schwarzen Meers, dahinter der Kleine - schneebedeckte - Kaukasus

Solli, Nora und die kleine Moschee an der türkischen Grenzstation



Türkenkoffer:D Im wahrsten Sinne des Wortes!

Die erste Dönerbude, die Solli in der Türkei sah

Beweisfoto mit Döner

Die georgische Post. Mal ein guter Witz als Ende!^^
Wie das hier halt so ist, wenn man Besuch hatte.

Puff, paff, bäng - erdbebenfrei!


Etwa 8.30 heute morgen: Diese Woche startet mit ordentlich Gewackel, Getöse, Krawall, Gebröckel und meinem müdem Gehirn, das die Frage: "Welcher Riese kommt denn da die Treppe runter?" formuliert.
Der Riese heißt Erdbeben, wie ich und meine Mitbewohner ein paar Sekunden später feststellen. Die Kronleuchter schunkeln, ein leises Klimpern wie von einem Windspiel ertönt. Wir genießen dieses Gefühl für den Bruchteil einer Sekunde und gucken aus dem Fenster, alle anderen stehen schon draußen. Nun ist die Masse vielleicht dumm, wie Papa immer so schön sagt, aber die Masse wohnt auf jeden Fall schon bedeutend länger hier als ich und hat damit auch bedeutend mehr Erfahrung mit Erdbeben. Ich hab nämlich gar keine.
Also raus gehen. Ach praktisch, ich muss eh grade los in die Schule.
Ach, eher unpraktisch, meine Mitbewohnerin wurde durch das Erdbeben geweckt und muss im Schlafanzug rausgehen. Bis wir unseren Kram gepackt haben und die ganze WG draußen steht, ist die Wackelei natürlich längst vorbei und die restlichen Bewohner des Hauses schon wieder in den Wohnungen verschwunden.
Meine Mitbewohner tun es ihnen gleich, ich verschwinde in ein Taxi und fahre durch Dauerregen zur Schule. Dort angekommen mache ich eine Stunde lang Unterricht, danach fällt der Rest des Tages aus, weil die Kinder wieder nach Hause gehen. Oder gehen die Kinder wieder nach Hause, weil der Rest des Tages ausfällt? Das weiß man hier nie so genau. Wir Deutschlehrer nehmens entspannt, sitzen noch ein bisschen zusammen und gehen dann auch nach Hause.
Die Stimmung in der Schule ist übrigens nicht panisch. Eine typische Begegnung läuft so ab:
"Und, hast du was gemerkt vom Erdbeben?"
"Nicht wirklich, hab noch geschlafen..." (25 min vor Schulbeginn, aber trotzdem pünktlich da gewesen...)
oder
"Naja, der Kronleuchter hat gewackelt, aber aus dem 12.Stock hätte ich es ja eh nicht rechtzeitig runter geschafft..."
oder
"Ich habe da grad mit xy telefoniert, und plötzlich höre ich nur 'Aaaah, uuuuh, ein Erdbebeeeen, aaaah!!'. Fand ich voll lustig!"

Was ich dann mal rausgefunden habe:
Erdbeben gibts hier etwa zwei bis drei Mal pro Jahr. Dieses hatte angeblich eine Stärke von knapp 6.
Es war mein erstes Erdbeben, ich bräuchte es nicht nochmal. Aber es zeigt, dass die vielen Sowjet-Plattenbauten tatsächlich gut was aushalten (und unsere Bunkerschule auch).

Das Gute an erdbebenfrei?
1. Ich erinnere mich an Fettes Brot.
2. Ich habe unerwartet frei und komme mal wieder zum bloggen.
3. Ich hab auch gleich einen spannenden Aufhänger.