Mittwoch, 17. Juni 2015

Rijeka (Fragen und Antworten, wüste Behauptungen // pitanja i odgovori, tvrdnje)

Rijeka – Stadt der Rockstars, sagt mein Schlagzeuglehrer. Warum denn Rijeka, frage ich. (Das frage ich immer.) Das Meer!, antwortet er (das antworten sie immer).  Das Meer gibt es doch auch in Dalmatien (ich wieder). Naja, Dalmatien ist hübsch, aber hinterwäldlerisch. Das Gegenteil von Rockstar, gewissermaßen. – Und Zagreb? frage ich. In Zagreb gibt es doch kein Meer! Stimmt.

Rijeka – Stadt der Verlotterten, der Seemänner, der Unmoralischen, der Freien, der Traditionsgegner, der Fortschrittlichen, der Wanderer, der Ruhelosen!, zählt sie auf. So viele unterschiedliche Menschen in einer Stadt?, frage ich. Das ist doch alles das gleiche, sagt sie, und ich weiß nicht, ob das jetzt ein Kompliment sein soll. Und für wen?

Rijeka – Stadt der Linksradikalen, sagt irgendjemand. Ich wähle nicht, sagt ein anderer. Das in Amerika, das ist keine Demokratie, die echte Demokratie fand ich nur hier, sagt die alte Frau im Bus, die 1996 das letzte Mal auf Ellis Island ankam.

Rijeka – die Stadt ohne Inhalt. ohne Sehenswürdigkeiten, ohne alternative Kultur, ganz ohne Kultur sogar, nicht mal Touristen haben die, sagen sie. Zum Glück, sage ich, natürlich nur die Touristen betreffend.

Rijeka – lieber sterben als aufgeben, lieber italienischer Slang als serbischer Dialekt, lieber BOK als ZDRAVO, und das beste Gelato der Gegend, sagen mir Graffitis. Stimmt schon, denke ich und esse mein Eis.

Rijeka – denn für Zagreb hat es nicht gereicht, sagen die Abiturnoten. Rijeka, denn wo sonst sollte ich Maritime Studien studieren? sagen die Ingenieure.

Rijeka – hier kann ich mich frei fühlen, weil sie mich nicht zum Katholizismus zwingen, sagt sie und erzählt von Hare Krishna und dem gebrochenen Willen der Brieftauben. Es ist eben eine Hafenstadt, hier gibt es genug frischen Wind!

Warum Rijeka?, frage ich, wieder und wieder. Sie antworten, ich nicke, ich wundere mich, ich schreibe auf, ich wundere mich. Ich stimme zu, ich halte dagegen, ich setze Fragmente, Antworten, Behauptungen, Klagen und Liebesbekundungen zusammen zu diesem Puzzle, das Rijeka heißt. Rijeka, zu Deutsch: der Fluss.

Warum Rijeka?, oder besser, Wie ist denn jetzt eigentlich Rijeka?, frage ich auch mich. Erzähle mir selbst: Rijeka ist nichts für Leute, die das R nicht rollen können, nichts für Städter und doch viel für Fans der elektronischen Tanzmusik. Rijeka ist wie eine Großstadt nur ohne Fernsehturm, ohne schwäbische Gentrifizierer, ohne Döner und ohne U-Bahn, gar ohne Straßenbahn.

Rijeka ist nichts für Leute vom platten Land, nicht für Leute mit kaputter Lunge und Knorpelverschleiß. Rijeka ist für die, die Burek lieben und ihn dann beim Hügelbesteigen abtrainieren. Für Rockstars und deren Fans am Montag, für Schnapsliebhaber am Dienstag, für Seemänner am Mittwoch, Jazz- Begeisterte am Donnerstag, 90ies- Kids am Freitag, RnB-Dancing Queens am Samstag, Spaziergänger am Sonntag. Rijeka bietet mir hässliche Bauten aus hässlicheren Zeiten, schicke Villen aus vergangenen Zeiten, funktionale Bauten aus jeder Zeit. Rijeka überrascht mich mit Kunstausstellungen, Kinoabenden und Kaffeekultur. Rijeka ist oft hässlich, manchmal etwas brutal, und doch immer schön. Rijeka ist für die, die es trotzdem wagen. (Und ja, es liegt am Meer.)

Rijeka – volim grad koji tece.


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Rijeka – grad rockstara, kaže moj učitelj sviranja na udaraljkama. Zašto Rijeka?, pitam ja. (To pitanje uvijek postavljem.) More!, uzvrati on. (Tako uvijek uzvrate.) No ima mora i u Dalmaciji (opet ja). Pa da, Dalmacija je lijepa, ali zaostala. Suprotnost od rockstara, u neku ruku. – A Zagreb?, pitam. U Zagrebu nema mora! Tako je.

Rijeka – grad propalica, grad mornara, grad nemoralnih, grad slobodnih, grad protivnika tradicije, grad naprednih, grad putnika, grad nemirnih, nabroji ona. Toliko različitih ljudi u jednom gradu?, pitam ja. Pa to je sve isto, kaže ona, a ja ne znam da li to treba biti kompliment. A komliment za koga?

Rijeka – grad radikalnih ljevičara, kaže netko. Ja ne biram, kaže drugi. Ovo u SAD-u, ovo nije demokracija, pravu demokraciju samo tu sam našla, kaže stara žena u autobusu koja je posljednji put stigla na „Ellis Island“ 1996. godine.

Rijeka – grad bez sadržaja, bez znamenitosti, bez alternativne kulture, dapače baš bez kulture, čak nemaju ni turiste, kažu oni iz drugog grada. Na svu sreću, kažem ja. (Naravno, imam samo turiste na umu, a ne volim turiste.)

Rijeka – krepat, ma ne molat, radije talijanski „sleng“ nego srpsko narječje, radije BOK nego ZDRAVO, a najbolji „Gelato“ u cijelom kraju, kažu mi grafiti. Slažem se, mislim te jedem svoj sladoled.

Rijeka – jer nije bilo dosta za Zagreb, kažu konačne ocjene. Rijeka – jer gdje biste još studirali Nautiku?, kažu inženjeri.

Rijeka – ovdje se mogu osjećati slobodno jer me nitko ne primorava na katolicizam, kaže ona i priča mi o Hare Krišni i o prelomljenoj volji goluba listonoša. Rijeka je pravi lučki grad, ovdje ima dosta svježih vjetrova!

Zašto Rijeka?, pitam ja, opet i opet. Oni odgovore, ja kimam, ja se čudim, ja zapisujem, ja se čudim. Slažem se, prigovarim, montiram fragmente, odgovore, tvrdnje, žalbe i ljubavna očitovanja u ovu slagalicu koja se zove Rijeka. Rijeka, na njemačkom: der Fluss.

Zašto Rijeka?, ili bolje, Kako ti je u Rijeci?, pitam i sebe. Kažem sebi: Rijeka ne znači ništa ljudima koji ne mogu kotrljati „Rrrrr“, nije za ljude iz metropola, ali je ipak dobar grad za obožavatelje elektronske glazbe. Rijeka je kao velegrad, samo bez televizijskog tornja, bez „gentrifikacijskih“ iz Švapske, bez „Döner“-a i bez podzemne željeznice, čak bez tramvaja.

Rijeka nije ništa za ljude iz ravnica, nije ništa za ljude sa slabim plućima i trošenom hrskavicom. Rijeka je za one koji vole burek te ga onda potroše penjanjem uzbrdo u gradu. Ponedjeljkom za rockstare i njihove obožavatelje, utorkom za ljubitelje rakije, srijedom za mornare, četvrtkom za prijatelje džeza, petkom za djecu 90ih, subotom za „RnB- dancing Queens“, nedjeljom za šetače. Rijeka mi pruža ružne zgrade iz ružnijih vremena, šike vile iz prošlih vremena, fukcionalne zgrade iz svakog vremena. Rijeka me iznenađuje izložbama, izvrstnim filmovima u Artkinu i izborom kafića. Rijeka je često ružna, ponekad čak malo gruba, a ipak uvijek lijepa. Rijeka je za one, koji ju izaberu unatoč tome. (I da, nalazi se na moru.)


Rijeka, volim grad koji teče. 

Sonntag, 14. Juni 2015

Von Hysterie und Würgereiz

Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!, brüllt ein hysterischer Schweizer auf der Pegida-Demo in Erfurt, einige brüllen mit, einige pfeifen dagegen, ich hätte vor Schreck und Ekel fast auf die Domstufen gekotzt.

Bin ein Wochenende in Deutschland, ein paar Tage nur, und laufe aus Versehen in eine Pegida-Demo rein. Nein, es sind nicht zehntausende, es sind nicht mal besonders viele, die im Chor mit dem hysterischen Schweizer über die notwendige Befestigung der Festung Europa lamentieren. Er macht das übrigens rhetorisch wirklich nicht besonders gut, drischt jedoch ein paar Phrasen, wo all die Café-Gäste und Dom-Besucher unwillkürlich mal nicken.

Gehe da mal lieber weg, keine Lust, mir von hysterischen Lamentierern den Würgereiz auslösen zu lassen und will auch nicht dafür verantwortlich sein, dass demnächst eine Straßenreinigungskraft mehr nötig ist, um die Erfurter Innenstadt einigermaßen geleckt und ansehnlich aussehen zu lassen.


Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen! Ich habe Deutschland verlassen, immer wieder mal, doch selten war meine Intention dahinter tatsächlich das Verlassen von Deutschland, oder überhaupt das Weggehen. Wenn ich einen Ort verlasse, liegt für mich der Schwerpunkt viel mehr im Hin- als im Weggehen, ich habe es seit Jahren nicht mehr erlebt, wirklich gerne einen Ort zu verlassen, hinter mir zu lassen. Liebe ich Deutschland nicht? Und was ist überhaupt Deutschland? Kann man einen Staat, eine Verwaltungseinheit, eine Nation gar lieben?

Es ist sicher nicht so, dass ich es nicht mag, in Deutschland zu leben: Das Leben dort ist vergleichsweise sicher, relativ gesehen durchaus günstig, die Möglichkeiten vielfältig, das Wetter könnte manchmal besser sein, ebenso wie die Laune und das Verhalten mancher Menschen. Nun ist es aber so, dass es schlechtes Wetter, schlechte Laune und schlechte Manieren überall mal gibt: wenn man deswegen sofort aufhören würde, einen Ort zu lieben und als Konsequenz aus fehlender Liebe direkt abreisen – ja dann bräuchte man seinen Koffer niemals auszupacken!


Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen! Sie brüllen, andere nicken, viele hören intensiv weg. Wenn ich Deutschland, oder doch zumindest mein Leben dort, aber liebe, warum habe ich es dann verlassen? Warum ließ ich ein gutes Leben hinter mir? Nun ja, weil das nicht so einfach ist mit der Liebe: weil man durchaus mehrere Orte, mehrere Lebensentwürfe, mehrere Wohnungen, mehrere Alltage, mehrere Freundeskreise und viele Menschen lieben kann. Ich verließ ein gutes Leben, ich kehrte in ein anderes gutes Leben zurück und ich begann ein weiteres gutes Leben an einem neuen Ort. Das Gute hierbei: wenn ich ein Leben verlasse, dann wird dieses Leben im besten Fall nicht eifersüchtig auf mein neues Leben, sondern freut sich für mich. Und ein Leben zu verlassen muss nicht endgültig sein, in diesem Fall klappt so etwas wie eine Beziehungspause nämlich tatsächlich.

In diesem Sinne: liebes Leben in Deutschland, die Beziehungspause ist bald vorbei und ich freu mich drauf!