Freitag, 11. November 2011

Einmal Nirgendwo Bitte!

Am Samstag und Sonntag waren Lisa und ich auf einem Hiking Trip, den uns ein Bekannter empfohlen hatte. Unsere Infos vorher waren eher wenig: „Sneakers reichen, Schlafsack usw. kriegt ihr gestellt, es geht in so nen Nationalpark in der Nähe, kostet nicht mehr als 40 Lari (=20 Euro).“
Okay, alles klar. Freitag war unsere Motivation dafür eher auf nem Nullpunkt, weil es immer kälter wurde, wir immer müder wurden und irgendwie mal Bock auf ein Wochenende zu Hause hatten – lieber Bett&Buch als Berg&Bier. Zum Glück haben wirs trotzdem durchgezogen und standen am Samstagmorgen um halb 10 in der WG der Letten, die das Ganze organisieren. Ein paar von den Letten haben dann auch erstmal schön ein Bierchen gefrühstückt, während aus allen Ecken Couchsurfer gekrochen kamen, die relativ spontan auch mitgehen würden. Letztendlich waren wir eine Gruppe aus Letten, Engländer, Inder, Japanerin, Franzosen, Georgierin und eben wir Deutsche.
Gepäck und Proviant wurde verteilt, wir wurden in die Marschrutka gesteckt, ab gings. Erst mal raus aus der Stadt, rein in den kleinen Kaukasus. Nach einer Weile gabs die typische georgische „Wein-kauf-Pause“ in einem kleinen Dörfchen in 6-Liter-Kanistern. Man muss sich ja wappnen für eine Nacht in den Bergen. Die Letten schafften es auch weiterhin in der ruckeligen Marschrutka dafür zu sorgen, dass wir nachher nicht so viele Getränke schleppen mussten, die denken mit!
Kurz hinter einem Dorf – wir waren schon weit drin im Nirgendwo – blieb die Marschrutka im Matsch stecken und wir mussten also weiterlaufen. Der Weg war meistens recht gut, bisschen matschig halt, das mit den Sneakers war schon sehr optimistisch geplant.
Die Marschrutka gibt auf, doch wir fangen grad erst an!

Also rein in die Natur, wer braucht schon befestigte Wege, wer Aussichtsplattformen, wenns Berge mit Felsvorsprüngen gibt, wer Brücken, man kann doch auch mal durch einen Bach durchlaufen… Das ist also das echte Georgien – ohne dreispurigen Verkehr, ohne Lärm, ohne Smog. Fast wie Engelrod;D


Dann kamen wir irgendwann wieder in ein Minidorf, wo uns ein … Gefährt den Weg versperrte und der (wie ich später erfuhr) betrunkene Fahrer und überzeugte, hinten aufzusteigen (wir waren über zwanzig Leute mit Gepäck). Und ab ging die geilste Fahrt meines Lebens! Jetzt verstehe ich Rally-Fahrer. Achterbahnen und Co.? Alles künstliche Adrenalinerzeugung, die ich nicht so mag. Bei der Fahrt den Berg hoch, durch tiefen Matsch, durch Flüsse, Berge über nackten Stein hoch, unbeschreibliche Sekunden, wenn wir kurz rückwärts rollen, wenn wir nicht sicher waren, ob wir um die Kurve kommen, ob wir den Abhang rechts runter fallen, ob wir bei einem größeren Stein einfach raus geschleudert werden, ob uns in einem Moment, wo man nicht nach vorne guckt, ein Ast die Augen aussticht. Nochmal! Nochmal! Bzw.: Im Sommer definitiv nochmal!
Fahrt überlebt - weiter gehts

Irgendwann hat der Fahrer uns dann raus gelassen, wir sind noch ein bisschen weitergewandert, aber die Letten konnten nicht mehr so schnell und es fing an zu dämmern. Also haben wir unser Lager in der Nähe eines kleinen Dörfchens aufgeschlagen, Feuer gemacht und Zelte aufgebaut. Mit zwei anderen bin ich den Berg noch weiter hochgekraxelt, weil oben hat man ja bekanntlich den besten Ausblick. Und dort oben war dann einfach eine Art Kliff. Also, vor mir gings paar hundert Meter senkrecht runter, unter man hatte einen tollen Ausblick über einen riesigen Talkessel. Jaa, das war toll!
Was man nicht so gut sieht - da links gehts einfach nur runter!

Die Nacht war… hm^^ Ich sag mal so: Morgens um 7 aufwachen und feststellen, dass die Haare komplett triefnass sind und der ganze Schlafsack auch, weil es geregnet hat und das Innenzelt fast auf einem lag, ist nicht sooo der Burner. Sich dann noch 3 Stunden in der Mitte des Zeltes zusammenkuscheln und mit wieder trockenen Haaren aufwachen, dann schon eher:D Während der nach wars nass, kalt und eng, aber im Nachhinein hab ich scheinbar doch recht viel geschlafen.
Morgens sind wir dann zum Wasserholen ins Dorf gelaufen, wo ich die ganze Zeit nur „Ist ja wie in Bullerbü!“ und Lisa „Ist ja wie bei Petterson und Findus!“ sagte. Sprich, es sah aus wie vor hundert Jahren, abgesehen von paar Stromleitungen (die sie seit 20 Jahren erst haben) und viel, viel Plastikmüll überall. Auf jeden Fall interessant und wirklich schön. Interessant hätte es auch werden können, wenn wir die Chacha (Nationalschnaps, also falls sich noch jemand an den Mazedonischen Scheißdreck erinnert…)- Einladungen angenommen hätten;) Aber wir hatten ja noch einige Kilometer vor uns.
Das Dorf
Hier ist das alles noch ein bisschen anders, normale Autos kommen einfach nicht durch!

Einzelne waren erstmal damit beschäftigt die Erinnerungen an die letzte Nacht aufzufrischen, während andere ein Chacha-Frühstück genossen – ja, ich rede von den Letten:D Dieses Volk ist echt krass drauf:D
Der eine konnte dann auch leider nicht mehr laufen, so dass wir ihn erstmal liegen ließen und dann im nächsten Dorf die Polizei bestellten. In dem selben Dorf bestand auch eine Oma darauf, uns alle (again, über 20 Leute!) zu Kaffee und warmem Ofen einzuladen. Diese Gastfreundschaft ist einfach zu krass, Kaffee ist hier so teuer und wir alle hatten garantiert mehr Geld als sie, aber ein Nein wird nicht akzeptiert. Irgendwie extrem sympathisch!
Also, zu Hause kam ich matschig, kalt, erkältet – und vor allem glücklich an.
Dieses Land ist es einfach wert, gesehen zu werden und auch wenn es nicht größer als Bayern ist, bin ich mir sicher, dass man auch weiterhin jedes Wochenende etwas Neues angucken könnte.
Jetzt geht es morgen erst mal Richtung Osten, wo sich alle deutschen Freiwilligen, die gerade in Georgien sind, treffen. Bin gespannt, hoffentlich ist es da wärmer.
Leute, vergesst eure Uniprüfungen, bucht nen Flug hierher, die gibt’s ganz billig und rumreisen ist hier sowieso total billig. Es lohnt sich!

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