Montag, 7. Mai 2012

Käsespätzle im Kaukasus oder Kein ruhiges Wochenende

Sondern.
Freitag: Konzert
Samstag: Konzert, Losfahren
Sonntag: Ankommen und Heimfahren
DasistsoinGeorgien

Bitteschön, ein Elfchen. Und ja, "DasistsoinGeorgien" ist ein Wort, das ist dichterische Freiheit!

Kommen wir zu den Details!

Am Freitag waren wir (unsere WG, Micha, der Couchsurfer, ein paar andere Leute von hier) bei einem Auftritt von Suchischwili: Wieder klassischer Fall von "Kann ich nicht beschreiben." Es fängt an mit eher lateinamerikanischen Tänzen, das ist gut, aber nichts besonderes. Dann kommen die georgischen Tänze und die sind sehr gut und besonders. Schöne Einstimmung auf ein Wochenende auf jeden Fall und auch etwas, was man gesehen haben sollte, wenn man ein Jahr in Georgien gelebt hat.

Am Samstag gibt es dann ein amerikanisches Konzert: Chris, ein Freund von uns, und einige andere amerikanische Freiwillige (Englisch-Lehrer) spielen einen Nachmittag lang im Park direkt bei uns um die Ecke Gitarre, Akkordeon, Banjo und Ukulele, singen dazu und verbreiten eine ganz wunderschöne Stimmung, zu der man sich perfekt sonnen und dabei Neger-Tarot oder anderes spielen kann. Nebenbei kann man planen, was man denn spannendes mit einem ausgebauten Pick-Up, der einem Couchsurfer gehört, anstellen kann. Ja, ausgebauter Pick-Up, so VW-Bus-Style. Ja, so ein Ding, was auf jeder, wirklich jeder "Lebens-To-Do-Liste" auftaucht. Und jetzt eben auch vor unserer Wohnung. Micha, der Couchsurfer, wohnt darin momentan am Kaspischen Meer in Aserbaidschan, wo er beruflich Vögel beobachtet.
Also, was kann man da machen? Naja, in den Norden Richtung Russland fahren zum Beispiel!

Als das Konzert zu Ende ist, planen wir also in einem Café noch ein bisschen weiter und dann packen Valerie (meine österreichische Mitbewohnerin), Micha und ich das Nötigste (warme Klamotten, Zahnbürste, Wein, Schokolade) ein und fahren los. Und nach etwa einer Stunde (ich liege während der ganzen Fahrt hinten auf Bergen von Schlafsäcken mit Panorama-Fenster nach hinten raus) müssen wir zugeben, dass wir uns verfahren haben. Schade. Fragen wir mal nach. Kriegen wir von einem netten Georgier eine Flasche selbstgemachten Wein geschenkt und den Weg gezeigt. Danke, nehmen wir doch beides glatt an.

Noch eine Stunde später: Es ist dunkel, wir haben Hunger und noch nicht mal die Hälfte der Strecke. Aber hey, ich kenne da doch ein gutes Restaurant in Ananuri! Essen wir doch da. Gesagt, versucht, fast gescheitert. Warum? Naja, das Restaurant ist so gut, dass dort manchmal Hochzeiten stattfinden. Heute zum Beispiel. Ist ja schön für die Brautleute, aber doof für uns, wenn es deswegen keinen freien Tisch gibt. Statt einen auf Maria und Josef zu machen (Restauranttüren, an die wir klopfen könnten, gibts im Umkreis von 40km eh nicht) betteln wir ein bisschen auf Georgisch (ich), Russisch (Micha) und Georgischrussisch (Valerie). Unsere vereinten Sprachkenntnisse erwärmen das Herz des Kellners (oder wie auch immer), jedenfalls gibt es da doch noch einen kleinen Stall Raum auf dem Dachboden, da könnten wir eventuell.... Allet klar, nehmen wir.
Hungrig bestellen wir erstmal alles, was geht. Oder auch nicht geht, wie der Kellner uns zwei Minuten später erzählt. Kochen kann man leider nichts mehr, wegen der Hochzeiten, ob es eveeentuell möglich wäre, dass wir einfach die Reste essen? Die Reste von einer georgischen Hochzeitstafel? Ja, ich glaube, dazu könnten wir uns eveeeentuell herablassen. Und so gibt es verschiedensten Fisch, Hühnchen, Salat, Brot, Kaviar, unterschiedliche Limonaden, Bier, Wein... alles etwas kalt, aber dafür gratis. Ja geil, danke!
Dazu gibt es die georgische Version von Hochzeitsmusik. Techno-Remixes von wunderschönen Liedern, wie zum Beispiel Last Christmas oder Rivers of Babylon, gekrönt von einem Lied, das dem Bräutigam aus dem Herzen zu sprechen scheint: "I wanna fuck you now!" (In Georgien ist "Kein Sex vor der Ehe" noch viel aktueller als in deutschen Gefilden). Na, da drehen wir doch mal auf und freuen uns.

Irgendwann ist es dann nach Mitternacht und wir die letzten Gäste, na, das ging ja schnell. Dann fahren wir wohl noch ein bisschen weiter, um einen schönen Schlafplatz zu finden. Ist auch gar kein Problem, wir meiden einfach alle Plätze, wo schon andere Autos stehen und werden schnell fündig. Zu dritt wirds hinten kuschelig, aber so friert auch keiner.
Am nächsten Morgen können wir beim Zähneputzen grandiose Aussichten genießen, uns in einem Gebirgsbach waschen (okay, das klingt romantischer als es ist, es ist schlichtweg arschkalt) und dann schnell weiterfahren, um unser Ziel - Kasbegi - zu erreichen. In dem Ort, der am Fuße eines 5000er-Gletschers liegt, kaufen wir erstmal nur schnell Brot und fahren dann weiter Richtung Norden: Nur noch 15km liegen zwischen uns und Russland! Noch vor der Grenze finden wir zufällig den perfekten Frühstücksort: Wir blicken über ein riesiges Tal, vertreiben ein paar Kühe und machen uns dann das ultimative Bergfrühstück - in den Untiefen seines Autos hat Micha nicht nur Cappucchinopulver, sondern auch Tütensuppen en Masse, zum Beispiel Käsespätzle. Sowas hab ich seit über sechs Monaten nicht mehr gegessen! Wir kochen unsere Würstchen gleich mit und essen dann glücklich, bevor es weiter nach Russland geht.

Die Grenzerfahrung ist erwartungsgemäß kurz: Passieren dürfen wir ja eh nicht (das darf keiner), also machen wir ein paar Beweisfotos und fahren dann zurück nach Khasbegi. Dort war ich Anfang Oktober schonmal mit Lisa, diesmal ist das Wetter jedoch viel besser, deswegen wandern wir bis oben zu einer Kirche, wo wir uns mit Schokolade belohnen, wieder mal ein paar Bilderchen machen und dann langsam wieder nach unten laufen. Währenddessen macht Micha mich und Valerie immer wieder begeistert auf seltene Vögel aufmerksam (unsere Begeisterung ist eher gebremst, aber Vogelbeobachterwitze sind lustig), Valerie macht Micha und mich immer wieder auf die Eigenheiten Österreichs und die Arroganz Deutschlands aufmerksam (sie hat recht, aber Österreicherwitze sind trotzdem lustig), ich mache Valerie und Micha immer wieder auf den Altersunterschied, ich bin mit 20 mit großem Abstand die Jüngste, aufmerksam (DuBistEinKleinesBabyWitze sind scheinbar auch lustig). Bei so viel Aufmerksamkeit vergeht die Zeit sehr schnell und lustig und schon sind wir wieder unten, kaufen ein bisschen Essen ein und machen uns auf den Rückweg.

Hups, schon wieder ein Wochenende rum, wie konnte das denn geschehen.


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